WER BIN ICH ? Freiheit
Auf dieser Seite gebe ich die Weisheitslehren kurz zusammengefasst so wieder,
wie ich sie bisher verstanden habe.
Wer bin ich?
Siehe auch die Seiten “Bild vom Menschen” und “Haben oder Sein”.
Die Frage Wer bin ich? dient seit Jahrtausenden zur Selbstfindung. So stand z.B. am Eingang des Orakels von Delphi (6. Jh. vor Chr.): “Erkenne dich selbst”.
Weisheitsgeschichte:
Eine Frau lag im Koma. Plötzlich hatte sie das Gefühl, sie käme in den Himmel und stände vor dem Richterstuhl.
" Wer bist du? " fragte eine Stimme.
" Ich bin die Frau des Bürgermeisters ", erwiderte sie.
" Ich habe nicht gefragt, wessen Ehefrau du bist, sondern wer du bist. "
" Ich bin die Mutter von vier Kindern. "
" Ich habe nicht gefragt, wessen Mutter du bist, sondern wer du bist. "
" Ich bin Lehrerin. "
" Ich habe nicht nach deinem Beruf gefragt, sondern wer du bist. "
Und so ging es weiter. Alles, was sie erwiderte, schien keine befriedigende Antwort auf die Frage zu sein: " Wer bist du? "
" Ich bin eine Christin. "
" Ich fragte nicht, welcher Religion du angehörst, sondern wer du bist. "
" Ich bin die, die jeden Tag in die Kirche ging und immer den Armen und Hilfsbedürftigen half. "
" Ich fragte nicht, was du tatest, sondern wer du bist. "
Offensichtlich bestand die Frau die Prüfung nicht, denn sie wurde zurück auf die Erde geschickt. Als sie wieder gesund war, beschloss sie, herauszufinden, wer sie war.
Und darin lag der ganze Unterschied.
Mello
consumo ergo sum (René Discount)
Aldinger
Freiheit
Wenn wir uns fragen: Wer bin ich?, dann ist es zum Finden der Antwort hilfreich, sich bewusst zu machen, was „Freiheit“ alles bedeuten kann:
Es gibt eine äußere und eine innere Freiheit:
Die äußere Unfreiheit betrifft die Sklaven, Leibeigenen und Menschen in Diktaturen.
Die französische Revolution 1789: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
Die Leibeigenschaft wurde in Württemberg erst 1817aufgehoben.
Heute gibt es für viele Menschen nicht das Recht der Meinungsfreiheit, keine Reisefreiheit und sie können nicht frei im Internet surfen.
Jeder kann täglich in die Hände von Geiselnehmern fallen und seiner Freiheit beraubt werden.
Um diese äußere Freiheit zu erlangen, haben viele Bürger der DDR ihr Leben riskiert und versucht, den Todesstreifen zu überqueren - weil ihnen Freiheit wichtiger war als ihr Leben!
Obwohl wir Deutschen diesbezüglich frei sind, gilt für uns offenbar nicht:
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand
Deutschlandlied,
denn wer ist schon deswegen glücklich?
Die äußere Freiheit allein macht noch nicht glücklich, dazu gehört auch noch die innere Freiheit. Nachfolgend wird die innere Freiheit besprochen:
Wer an die Freiheit des menschlichen Willens glaubt,
hat nie geliebt und nie gehaßt.
Marie von Ebner-Eschenbach
1. Frei sein vom Widerstand gegen das, was ist, also frei sein vom Bewerten:
1.1 Frei sein von Unbill:
z.B. von unerwünschten , unbequemen Dingen, von Pech, Unglück, von schmerzlichen, hässlichen traurigen Erfahrungen und Erinnerungen, frei von Geldmangel oder Angst. Oder frei sein von Beschränkungen, um allabendlich bei den Spaß-Veranstaltungen mitfeiern zu können, zu trinken, zu kiffen und Sex zu haben.
Frei sein von ... ist nur eine meist zwanghafte Reaktion auf einen jetzigen Zustand, der anders sein soll.
Zu sagen: „Ich will frei sein von Unbill“ ist also keine Freiheit, sondern eine Reaktion des Ego auf das, was ist - es ist somit ein Ego-Trip.
Wie stet es mit unserer Angst vor Einsamkeit? Wenn uns andere ihre Zuneigung, ihre Beachtung oder ihre Anerkennung entziehen? Sind wir frei, darauf verzichten zu können? Oder sind wir diesbezüglich Sklaven der Anderen?
Wenn wir uns über andere ärgern, wenn uns der Ärger tagelang besetzt hält: Wie können wir uns von dieser Unfreiheit befreien?
1.2 Frei sein von Wünschen und “ich will ...”:
nach mehr Geld, Ruhm, Macht, besserem Auto, Glück, usw.
Sein Glück von der Erfüllung von Wünschen abhängig zu machen, ist nur eine meist zwanghafte Reaktion auf einen jetzigen Zustand, der anders sein soll. Man steckt in der Zwangsjacke, stets zu sagen: “Ich will ...” oder “Ich will nicht ...” oder “Ich will dies, aber jenes will ich nicht”. Man steht unter dem Zwang, auf die gegebene Reaktion reagieren zu müssen.
Hoffnung auf Besseres ist also kein Weg zur Freiheit, sondern eine Reaktion des Ego auf das, was ist - es ist ein Ego-Trip.
“Meister, warum hat der Mensch nie, was er will?”
“Das ist einfach: Wollte er, was er hat, dann hätte er, was er will.
Da er aber nie will, was er hat, hat er nie, was er will.”
Aldinger
1.3 Frei sein von Anhaften:
Wenn man behalten will, was man hat, wenn man also an etwas anhaftet, z.B. an seinem Lebensstandard, seinem Konsum, seiner Familie, seiner Wohnung, seinem Besitz, seinem Status, seiner Kultur, seinem Leben, so ist man gebunden, also nicht frei. Wie sehr brauchen wir Geld und Sicherheit? Wollen wir wirklich auch davon frei sein???
Doch zu sagen: „Ich will das und jenes behalten, es soll sich nicht verändern, ist meistens zwanghaft und ein Ego-Trip“. Es widerspricht dem Naturgesetz des ständigen Wandels und der Erkenntnis, dass uns alles nur für vielleicht 50 oder 80 Jahre geliehen wurde.
Besonders haften wir an unserer Jugend und Gesundheit. Wer ist denn damit einverstanden, alt zu werden? Philip Roth schreibt: ”Das Alter ist ein Massaker”
(wegen der eigenen fortschreitenden Gebrechlichkeit, eigene Krankheiten, alle Freunde sterben weg).
Wie sehr haften wir an unserem Körper und unserem Leben?
Jeder möge sich selbst fragen, wie frei oder unfrei er durch sein Anhaften ist.
Der Konsument ist der ewige Säugling,
der nach der Flasche schreit
Erich Fromm
Ist es nicht so, dass wir aus Dingen eine Mauer um uns errichten,
eine hohe Mauer, um den Tod nicht zu sehen? ...
Der Motor der Konsumgesellschaft ist nicht die Freude am Leben,
sondern die Angst vor dem Tod.
Lotte Ingrisch, Schriftstellerin
Wie zahlreich sind doch die Dinge,
derer ich nicht bedarf
Sokrates
Dazu eine kleine Geschichte:
Ein Besucher sah mit Erstaunen, dass der Rabbi in einem Zimmer mit nur einem Tisch, einem Stuhl, einem Bett und ein paar wenigen Büchern lebte.
„Rabbi, wo sind Ihre Möbel?“, fragte der Besucher.
“Wo sind Ihre?“, erwiderte der Rabbi.
“Meine?”. Aber ich bin nur zu Besuch hier. Ich bin auf der Durchreise“, entgegnete der Besucher.
“Genau wie ich“, sagte der Rabbi.
Aldinger
Mehr zum Anhaften am Konsum: Siehe Seite “Konsum”.
Das irdische Leben besteht einfach aus 4 Phasen:
Geboren werde, leben, sterben, nähren.
2. Frei sein von unbewussten Werten, Maßstäben, Emotionen und Handlungsmustern:
Wir wurden alle in unserer Kindheit geprägt und sind als Erwachsene immer noch abhängig von den Werten vom Elternhauses, vom Kindergarten, von der Schule. Es bestehen Abhängigkeiten von dem sozialen Umfeld, der Religion, der Nationalität, der Rasse. Der Charakter = Das Eingeprägte, das Ego wurde also geformt von: Mutter und Vater, unserer Familie und Sippe, unserer Rasse, Nationalität, gesellschaftlicher Stand, Tradition, Religion, Sprache, Erziehung, Literatur, Kunst, Medien, Gewohnheit, Konvention, Propaganda, Werbung aller Art, wirtschaftlichem Druck, der Nahrung, dem Klima, unseren Freunden, unseren Erfahrungen.
Kinder lernen auch Skripts = Anweisungen, Glaubenssätze und Verhaltensmuster, z.B.: Denke, was ich denke; du bist nicht liebenswert; du bist dumm, ungeschickt; du bist schlecht; du bist im Weg; du bist schuldig; du bist böse, du bist häßlich; du gehörst nicht hierher; sei nicht so neugierig; sei nicht so impulsiv; fühle nicht (ein Junge heult nicht); sei kein Kind; gib dir Mühe, streng dich an; mach`s mir recht; beeil dich; sei vorsichtig; sei perfekt, dann mag ich dich; spiel dich nicht so auf (sei nicht wichtig);
Das wissen wir nicht mehr, aber wir handeln unbewusst nach dem, was uns eingetrichtert worden war..
Buddhas 1. Edle Wahrheit lautet: Das Leben ist Leiden (siehe Seite “Dualität - Ganzheit).
Das Leben ist Leiden :
Man kann nirgendwo auf der Welt wirklich echten Frieden finden. Weder die Armen noch die Reichen haben Frieden; weder die Erwachsenen noch die Kinder, weder Menschen mit schlechter noch die mit guter Bildung. Es gibt nirgendwo Frieden, das ist der Lauf der Welt. Diejenigen mit wenig Besitz leiden genauso wie die mit viel Besitz. Kinder, Erwachsene, alt und jung... alle leiden. Das Leid, alt zu sein, und das Leid, jung zu sein; Das Leid, reich zu sein, und das Leid, arm zu sein... es ist alles nichts als Leiden.
Ajahn Chah
Und man kann ergänzen:
Man leidet
ob man Arbeit hat oder nicht
ob man viel reist oder nicht
ob man umtriebig ist oder passiv
ob man gierig ist oder genügsam
ob man jemanden liebt oder nicht.
Siehe dazu auch die Seite “Stille, Ruhe,...”.
M.E. bedeutet “Leiden” bei Buddha, dass wir obigen unbewusste Werten unseres sozialen Umfeldes, unseren persönlichen Zwangs- Handlungsmustern und unsere Ego- Zwangsjacke (siehe unten Punkt 4) ständig unterworfen sind - und es nicht einmal wissen!
Wie kann man unabhängig von unbewusst ablaufenden Vor-stellungen, Ein-bildungen, Bewertungen und Handlungsmustern sein?
Wie kann man frei sein von mentalen Vorstellungen, Konstrukten, Ideen, Prinzipien, Nationalismus, Tradition, Autoritäten, Leitbildern, geistigen Bilder vom Vaterland, vom Beruf, von Beziehungen.
Wie kann man frei sein von allen Überzeugungen?
Wie kann man unvoreingenommen sein?
Wie kann man vom inneren Kritiker / inneren Richter frei sein?
Wie kann man von Wut, Hass und Gewalt frei sein?
Wie kann man autonom und authentisch sein?
Dazu gibt es ein interessantes Cartoon für PC Liebhaber: Update Liebe.pps
Eine Geschichte:
In der persischen Mystik wird von einem Wanderer erzählt, der mühselig auf einer scheinbar endlos langen Straße entlang zog. Er war über und über mit Lasten behangen. Ein schwerer Sandsack hing an seinem Rücken, um seinen Körper war ein dicker Wasserschlauch geschlungen. In der rechten Hand schleppte er einen unförmigen Stein, in der linken einen Geröllbrocken. Um seinen Hals baumelte an einem ausgefransten Strick ein alter Mühlstein. Rostige Ketten, an denen er schwere Gewichte durch den staubigen Sand schleifte, wanden sich um seine Fußgelenke. Auf dem Kopf balancierte der Mann einen halbfaulen Kürbis. Bei jedem Schritt, den er machte, klirrten die Ketten. Ächzend und stöhnend bewegte er sich Schritt für Schritt vorwärts, beklagte sein hartes Schicksal und die Müdigkeit, die ihn quälte.
Auf seinem Wege begegnete ihm in der glühenden Mittagshitze ein Bauer. Der fragte ihn: "Oh, müder Wanderer, warum belastest du dich mit diesen Felsbrocken?" - "Zu dumm", antwortete der Wanderer, "aber ich hatte sie bisher noch nicht bemerkt." Darauf warf er die Brocken weit weg und fühlte sich viel leichter. Wiederum kam ihm nach einer langen Wegstrecke ein Bauer entgegen, der sich erkundigte: "Sag, müder Wanderer, warum plagst du dich mit dem halbfaulen Kürbis auf dem Kopf und schleppst an Ketten so schwere Eisengewichte hinter dir her?" Es antwortete der Wanderer: "Ich bin sehr froh, dass du mich darauf aufmerksam machst; ich habe nicht gewusst, was ich mir damit antue." Er schüttelte die Ketten ab und zerschmetterte den Kürbis im Straßengraben. Wieder fühlte er sich leichter. Doch je weiter er ging, um so mehr begann er wieder zu leiden. Ein Bauer, der vom Feld kam, betrachtete den Wanderer erstaunt: "Oh, guter Mann, du trägst Sand im Rucksack, doch was du da in weiter Ferne siehst, ist mehr Sand, als du jemals tragen könntest. Und wie groß ist dein Wasserschlauch - als wolltest du die Wüste Kawir durchwandern. Dabei fließt neben dir ein klarer Fluss, der deinen Weg noch weit begleiten wird!" - "Dank dir, Bauer, jetzt merke ich, was ich mit mir herumgeschleppt habe." Mit diesen Worten riss der Wanderer den Wasserschlauch auf, dessen brackiges Wasser auf dem Weg versickerte, und füllte mit dem Sand aus dem Rucksack ein Schlagloch. Sinnend stand er da und schaute in die untergehende Sonne. Die letzten Sonnenstrahlen schickten ihm die Erleuchtung: Er blickte an sich herab, sah den schweren Mühlstein an seinem Hals und merkte plötzlich, dass der Stein es war, der ihn noch so gebückt gehen ließ. Er band ihn los und warf ihn, so weit er konnte, in den Fluss hinab. Frei von seinen Lasten wanderte er durch die Abendkühle, eine Herberge zu finden.
Nach Nossrat Peseschkian
Und da zeichnen sich die Grenzen ab für das Kind, wenn es im Schatten seiner Eltern groß werden muß. Das Paradoxe ist, daß die Kinder sozusagen gezwungen sind, die Liebe ihrer Eltern durch Gehorsam und Unterordnung zu erringen, und dort ist die Wurzel einer ganzen Reihe von Ängsten, von Verdrängungen, von Auf'lösungen, von widersprüchlichen reaktiven Gefühlen, die eines Tages nach außen drängen. Das alles tummelt sich in unserem Unbewußten…. Die Autorität der Eltern wird verinnerlicht und stellt eine f'este Instanz her, die uns fortan unsichtbar begleitet. Viele tiefsitzenden Bedürfnisse stammen aus dieser Zwangsstruktur.
Eugen Drewermann
Dies bedarf Selbsanalyse, langjähriger, intensiver inneren Arbeit, um möglichst viel Unbewusstes aufzudecken und zu seinem Wahren Wesen zu finden.
Suchst Du die Wahrheit, wirf deinen Maßstab weg!
Uta Dreisbach
3. Frei sein von Ängsten
Todesangst
Unsere Grundangst ist die Angst vor dem Tod, die Todesangst, die Existenzangst. Das ist das Thema: „Wer bin ich“. Menschen, die mit ihrem Körper identifiziert sind, beantworten die Frage “Wer bin ich?” mit: “Ich bin mein Körper. Wenn der Körper zerfällt, bin ich nicht mehr”.
Ist es nicht so, dass wir aus Dingen eine Mauer um uns errichten,
eine hohe Mauer, um den Tod nicht zu sehen? ...
Der Motor der Konsumgesellschaft ist nicht die Freude am Leben,
sondern die Angst vor dem Tod.
Lotte Ingrisch, Schriftstellerin
Die Angst vor dem Tod zeugt davon, dass man nicht daran glaubt, auch nach dem Tod des Körpers zu existieren. Man glaubt: “Ich bin keine Seele”.
Als Dietrich Bonhoeffer zum Galgen geführt wurde und der SS-Mann sagte: “Das ist jetzt das Ende”, antwortete Dietrich Bonhoeffer: “Nein”.
Wir haben Angst vor dem Tod,
wir haben Angst vor der Trennung,
wir haben Angst vor dem Nichts.
Wenn wir aber tief schauen,
erkennen wir den unaufhörlichen Wandel der Dinge
und verlieren allmählich unsere Angst.
Thich Nhat Hanh
Die Weisen wissen: Wir sind ungeboren und unsterblich.
Wir bewohnen den Körper eine Zeit lang und ziehen dann weiter. Für das Wahre Wesen (Seele) ist der Tod nur ein Übergang in einen neuen Zustand. Wozu Angst haben oder sich Sorgen machen?
Zu unseren grundlegenden und zentralen Ängsten können folgende gehören:
die Angst, allein zu sein
Wie steht es mit unserer Angst vor Einsamkeit? Wenn uns andere ihre Zuneigung, ihre Beachtung oder ihre Anerkennung entziehen? Sind wir frei, darauf verzichten zu können? Oder sind wir diesbezüglich Sklaven der Anderen?
die Angst, zurückgewiesen zu werden;
die Angst vor dem Unbekannten;
die Angst, nicht das zu bekommen, was wir wollen;
Angst, das zu verlieren, was wir haben;
Angst vor Nähe;
Angst, von etwas überwältigt zu werden;
Angst, die Kontrolle zu verlieren und selbst kontrolliert zu werden;
die Angst, dass unsere Unzulänglichkeit und Wertlosigkeit ans Licht kommen könnten.
Zeitnot: Haben Sie das Gefühl, nur dann wichtig zu sein, wenn sie stets knapp mit der Zeit sind? Haben Sie Angst vor Muse und Nichtstun? Fliehen Sie diese Zeiten, in denen nichts los ist? Wissen Sie, was wesentlich ist und was Ihnen wirkliche Bedeutung verleiht?
Ezra Bayda : Zen oder die Kunst, einen Weg aus den Sümpfen des Alltags zu finden
Angst vor dem Ego-Verlust: den nahen mitmenschlichen Kontakt vermeiden;
Angst vor Trennung und Einsamkeit: in Abhängigkeiten verbleiben;
Angst vor Wandel und Vergänglichkeit: am Gewohnten festhalten;
Angst vor der Notwendigkeit und Endgültigkeit: Leichtes, müheloses, anregendes Leben,
(äußere) Freiheit, Ungebundenheit,
Nach Fritz Riemann: Grundformen der Angst
Mehr dazu in einem sehr interessanten Vortrag:
Grundformen der Angst heute
von Prof. Dr. med. Franziska Geiser,
http://www.lptw.de/archiv/vortrag/2013/geiser_13.pdf
4. Frei sein von Verspannungen:
Das Ego besteht körperlich aus unbewussten Verspannungen. Spüren Sie bitte mal in Ihren Körper, wie es sich anfühlt, wenn Sie sehr energisch sagen: „Ich will !“.
Viele Erwachsene befolgen unbewußt noch die Skripts = Anweisungen der Eltern aus der frühen Kindheit, wie z.B. reiss dich zusammen!, beiss die Zähne zusammen!, halt den Rücken steif!, halte dich zurück!, zieh den Bauch ein!, sei lieb! (das Kind soll also andere Gefühle unter-drücken und sie zurück-halten), halt den Nacken steif!.
Die Eltern machen es so gut sie können - sie haben es selbst nicht anders erlebt. In unserer Gesellschaft ist das normal - es ist aber nicht natürlich!
Siehe auch bitte die nächste Seite über Kindererziehung.
Wie kann man frei werden von solchen Verspannungen und damit auch von der Zwangsjacke der alten Anweisungen?
5. Frei sein von der Zwangsjacke des Ego,
frei sein zur Erfahrung der Ganzheit:
Ego:
Das Ich, das Ego, ist ununterbrochen aktiv: Ablehnen, wollen, rechtfertigen, beurteilen, unterscheiden. Diese Aktivität selbst ist Leiden. Diese Aktivität ist auch die Ursache der Meinung, man sei getrennt.
Ihr agiert vom Ego aus, solange ihr irgendwie begehrt, die Dinge in euch zu verändern oder solange ihr wollt, dass etwas anders ist.
Ihr könnt die wahre Realität so lange nicht wahrnehmen, wie ihr die Welt aus der Perspektive des Ego betrachtet.
Der gewöhnliche Gebrauch des Willens ist in Wirklichkeit eine Kontraktion im Körper. Diese ist eine harte Stelle in uns, die wir als Sprungbrett für unser Handeln benutzen. Wenn Menschen sagen, sie hätten ihren Willen, dann meinen sie eine bestimmte Härte im Körper, von der sie das Gefühl haben, daß sie von ihr aus handeln können; sie können hinausgehen und sich bei ihrem Handeln unterstützt fühlen; oder sie haben das Gefühl, daß sie etwas unter ihren Füßen haben und daß sie nicht fallen werden. Wenn man diese Härte aber aus der Nähe betrachtet, dieses Sprungbrett, kann man sie als eine Spannung im Körper identifizieren. Ihr habt vielleicht das Gefühl, daß ihr euer Leben ohne diese Spannung nicht leben könnt; ihr habt gelernt, einen bestimmten Teil von euch in der Nähe des Herzens zusammenzuziehen, um eine kleine Verhärtung zu machen, und ihr habt das Gefühl, daß ihr von dieser kleinen Verhärtung aus handeln könnt. Ihr habt das Gefühl, daß ihr, wenn diese Verhärtung nicht da wäre, vollkommen leer wäret und einfach fallen würdet, unfähig irgend etwas zu tun. Aber eigentlich bewirkt die Kontraktion letztlich, daß sich euer Herz verschließt und damit Freude und Befriedigung ausschließt. Wenn man falschen Willen benutzt, dann geht das immer gegen das Herz.
Almaas
Hier wird beschrieben, wie es sich anfühlt, wenn sich das Ego einschaltet:
Die Willenskraft sitzt, meiner Beobachtung nach, im Solarplexus.
Wenn das Ego in uns etwas will, können wir immer irgendwo im Körper Anspannung wahrnehmen. Und es hat immer Argumente, ist immer für und/oder gegen etwas.
Wenn das höhere Selbst in uns etwas will ("Dein Wille geschehe!"), sind wir im S.P. vollkommen entspannt und fühlen wir hier auch die Freude, ohne Argumente....
Michael Rajiv Shah
Weise Menschen verstehen unter „Wahrer Freiheit“ den wesensgemäßen Zustand ohne Ego. Im egolosen Zustand ist man frei von Ego - Zwängen, man ist eins mit der Ganzheit und frei, sich mit der Ganzheit gemeinsam zu entfalten. Es ist nicht ein Wollen, sondern ein Spüren der Freiheit.
Dazu gehört Demut = Übereinstimmen mit dem, was ist.
Christlich ausgedrückt:
Man sagt wie im Vaterunser: „Dein Wille geschehe und ich will Dein Werkzeug sein“.
Wer in der Einheit lebt, könnte sagen:
“Der universale Wille und mein Wille sind Nicht-Zwei”.
Mehr darüber z.B. auf den Seiten „Ganzheit“ und „Erleuchtung“.
Fragst du: «Was ist Liebe?», sage ich: «Den Eigenwillen aufzugeben.»
Rumi, 1207 - 1273
Dualistische Geschichte:
Ein Kutscher lenkt eine prächtige Kutsche durch die Lande. Er meint, der Chef zu sein und selbst den Weg zu bestimmen. Er hat vergessen, dass der schlafende König in der Kutsche sein Dienstherr ist. Der Kutscher = Ego wird aber sofort, wenn der König = Wahres Wesen aufwacht und ihm Anweisungen erteilt, diese befolgen.
6. Frei sein von Gedanken
Ständig drängen sich uns Gedanken auf. Wer mal nicht denken will, wird sich nach einigen Sekunden wieder beim Denken erwischen. Diese Gedanken sind wie ein Vogelschwarm im Gebüsch: ständig flattern sie hin und her.
In diesem Zustand des Denkens, des Grübeln, des Hirnens ist man außer sich, gedankenverloren, geistesabwesend, man sitzt in seiner Gehirnzelle, man ist im Kopfkino gefangen. Mehr dazu auf der Seite Lebenskunst.
Leben ist das, was geschieht, während du andere Dinge im Kopf hast .
John Lennon
Die Gedanken kreisen meistens um “ich will” , “das gehört mir”
oder “das soll anders sein”. Das sind alles Ego- Gedanken. Dadurch entgeht uns das wirkliche Leben, siehe dazu die Seite Lebenskunst.
Wenn man frei wäre von den ständigen Ego - Gedanken, könnte man
das Leben sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen!
Alles Übel auf der Welt hat nur eine Ursache: "Das gehört mir!"
Mello
Ansonsten ist es etwa so, wie wenn jemand eine Doktorarbeit über Honig schreibt, der diesen noch nie gegessen hat. Dann fehlt etwas Wesentliches in dem Gedankengebäude.
Freiheit in Faust II
Am Ende von Faust II hat der nun blinde Faust die Vision von Lebensräumen, in denen …. Völkerschaften" wohnen …., die beseelt vom "Gemeindrang" sind und ihre individuelle Freiheit dem Gemeinwohl unterordnen.
Wenn der Mensch unbeirrbar an seiner Suche nach einem Höheren, sei es Glück, sei es Erkenntnis, sei es Gemeinschaft, festhält, verwirklicht er das Göttliche in sich.
Zitate zu “Wer bin ich”:
Jeder Mensch wird als Original geboren und fast jeder stirbt als Kopie.
Aldinger
Man ist gemacht worden und jetzt (z.B. ab dem 25. Lebensjahr) kommt es darauf an,
etwas aus sich zu machen.
nach Sartre
Jeder wird als König geboren.
Alte Weisheit
"Wer bin ich, wenn ich bin, was ich habe und dann verliere, was ich habe”?
"Wenn ich bin, wer ich bin und nicht, was ich habe, kann mich niemand berauben”.
Erich Fromm
Ich bin in einer Suchmaschine, also bin ich
Neueste Version von: Ich liebe, also bin ich
Ich bin eigentlich ganz anders, ich komme nur selten dazu.
Ödön von Horvath
In jedem lebt ein Bild des,
der er werden soll;
solang er dies nicht ist,
ist nicht sein Frieden voll.
Angelus Silesius
Hoffnungslosigkeit ist der vergebliche Versuch,
zu sein, wer wir nicht sind.
Wolf Büntig
.... denn unser sogenanntes Ich ... ist nicht unser wahres Ich, sondern nur sein Abglanz.
Novalis
Die großen Lehrmeister sagen uns,
dass die wichtigste Frage der Welt sei: “ Wer bin ich?“
Was ist das überhaupt, was man das “ Ich “ oder das “ Selbst “ nennt? Meinen Sie etwa, Sie hätten sonst alles verstanden, nur das nicht? Meinen Sie, Sie haben die Astronomie samt ihren schwarzen Löchern und Quarsaren verstanden, kennen sich mit Computern aus und wissen nicht, wer sie sind? Meinen Sie, Sie haben verstanden, wer Jesus Christus ist, und wissen nicht, wer Sie selbst sind? Woher wollen Sie denn wissen, dass Sie Jesus Christus verstanden haben? Wer ist derjenige, der etwas versteht?
Finden Sie das erst einmal heraus. Das ist die Grundlage von allem. Weil wir uns darüber nicht im klaren sind, gibt es immer noch all diese engstirnigen religiösen Leute, die ihre sinnlosen religiösen Kriege führen - Moslems gegen Juden, Protestanten gegen Katholiken, und so weiter. Sie wissen nicht, wer sie sind, denn wüssten sie es, gäbe es keine Kriege.
Mello
Identität:
Denn was ist es denn eigentlich, das uns unsere Identität verleiht? Nichts anderes als unsere Erinnerungen. Verlieren wir sie, hören wir auf, die zu sein, die wir sind.
Andreas Eschbach
Hier geht es um die eigene Identität, die zwischen Geburt und Tod besteht. Aber wer bin ich eigentlich ewiglich? Wer war ich, bevor Vater und Mutter geboren wurden? Im Christentum gibt es die Vorstellung von einer unsterblichen Seele. Hier ist man die Seele und nicht sein Körper.
Menschen, die mit ihrem Körper identifiziert sind, beantworten diese Frage “Wer bin ich?” mit: “Ich bin mein Körper. Wenn der Körper zerfällt, bin ich nicht mehr”.
Als Dietrich Bonnhoeffer zum Galgen geführt wurde und der SS-Mann sagte: “Das ist jetzt das Ende”, antwortete Dietrich Bonnhoeffer: “Nein”.
Er war also nicht mit seinem Körper identifiziert, sondern hatte eine inner Gewissheit davon, wer er wirklich ist. Wer nicht mit seinem Körper identifiziert ist, weiß, dass er auch existiert, wenn der Körper gestorben ist.
Jeder fühlt, daß er etwas anderes ist als ein von einem andern einst aus Nichts geschaffenes Wesen. Daraus entsteht ihm die Zuversicht, daß der Tod wohl seinem Leben, jedoch nicht seinem Dasein ein Ende machen kann…. Wer da meinet, sein Dasein sei auf sein jetziges Leben beschränkt, hält sich für ein belebtes Nichts: denn vor dreißig Jahren war er nichts und über dreißig Jahre wird er wieder nichts.
Arthur Schopenhauer
Zitat aus: http://www.arthur-schopenhauer-studienkreis.de/Tod/tod.html
Ein Ring aus Gold kann umgeschmolzen werden. Das Gold bleibt Gold, unabhängig von der Form, in der es sich manifestiert. Es geht darum, die “Goldheit” der Dinge zu sehen und nicht ihre “Ringheit”, die das Ego sieht. Wenn man glaubt, ein Ring zu sein, dann ist der Verlust der eigenen Form eine Katastrophe. Wenn man weiß, dass man das Gold ist - was ist dann der Tod?.
Um mehr darüber nachzudenken, können Sie sich mal vorstellen, wie es ist, wenn jemand bewusstlos ist. Der Körper und die Kleidung sind unverändert, der Mensch lebt auch, aber er ist es nicht mehr selber.
Wenn dieser Mensch wieder zu Bewusstsein kommt, ist er wieder wie vorher. Wer also ist der Mensch? - sicher nicht allein sein Körper.
Wer warst du, bevor deine Mutter und dein Vater geboren wurden?
Klassische ZEN - Frage
Aus den Upanishaden zur Seelenwanderung
... wenn nach dem Tod eine Seele zum Monde kommt, so fragt ihn dieser: Wer bist du? Dann soll sie antworten: Du bin ich ... Wenn sie so spricht, dann läßt sie der Mond über sich selbst hinausgelangen ... zur ewigen Seligkeit.
Albert Schweitzer, 1935.
Das Wesen der Materie
"Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms dieses:
es gibt keine Materie an sich! Alle Materie entsteht und besteht nur durch eigene Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Atoms zusammenhält. So müssen wir hinter dieser Kraft einen bewußten intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie."
Max Planck,
der Entdecker der Quantenmechanik und des Planckschen Wirkungsquantums, hielt im Jahr 1944 in Florenz einen Vortrag zum Thema "Das Wesen der Materie”.
Die Entstehung des Lebens auf der Erde mit dem Zufall erklären heißt, von der Explosion einer Druckerei das Zustandekommen eines Lexikons zu erwarten.
Edwin Conklin, Biologe
Folgende Überlegung nach Assagioli und Ken Wilber ist auch wichtig:
Ich bin mir eines Stuhls bewusst, also bin ich nicht der Stuhl.
Ich bin mir meines Körpers bewusst, also bin ich nicht mein Körper.
Ich bin mir meiner Gedanken bewusst, also bin ich nicht meine Gedanken.
Ich bin mir meiner Wünsche bewusst, also bin ich nicht meine Wünsche.
Ich bin mir meiner Gefühle bewusst, also bin ich nicht meine Gefühle.
Ich bin reines Bewusstsein.
Bewusstsein ist etwas absolut Selbstständiges.
Die Weisen wissen:
Das Bewusstsein erfüllt das Universum, vergleichsweise wie ein Duft in der Luft.
Das Bewusstsein ist nicht im Gehirn zu finden, sondern das Gehirn ist das Organ, durch das sich das Bewusstsein zeigt. Das Gehirn ist nur der Ort, an dem es zugelassen wird. Unser Gehirn bringt das Bewusstsein nicht hervor, es setzt es nur um. Der Stolz des Egos zeigt sich in dem Glauben, es könne wählen, was im eigenen Bewusstsein auftaucht.
Übrigens: Wenn Sie mit Freunden diskutieren, dann sagen vermutlich auch Sie stets das, was ihnen gerade “einfällt”.
Alle Menschen kennen die Bewusstseins-Inhalte, z.B. den Stuhl oder den eigenen Körper.
Kaum jemand kann das reine Bewusstsein an sich wahrnehmen - außer den “Erwachten”.
Ken Wilber weist darauf hin, dass kein Mensch ohne Bewusstsein sein kann. Man muss das Bewusstsein also nicht suchen, es ist da. Deshalb hat die Grosse Suche ein Ende.
Überlegen Sie doch mal selbst: Was ist der Unterschied zwischen einem Menschen, der gerade bewusstlos ist, und danach, wenn er wieder bei Bewusstsein ist?
Die Psychosynthese von Roberto Assagioli sieht den Menschen als Seele, die einen Körper bewohnt und eine Persönlichkeit hat, um sich in der Welt ausdrücken zu können. Die Aufgabe der Persönlichkeit ist es, das Werkzeug der Seele zu sein. Ebenso soll der Verstand ein guter Diener der Seele sein und helfen, z. B. zu planen, zu organisieren, Finanzierungen zu finden, aber nicht zu grübeln und zu hirnen.
Suche nicht Gott,
suche den, der Gott sucht.
Doch weshalb suchen?
Er ist wahrhaftig hier:
Näher als dein eigener Atem.
Rumi
Die Identifikation mit seinem Wesen wird im Menschen erst wirksam, wenn er das auch erfährt, innerlich erlebt und als innere Gewissheit weiß. Dies ist auch die Erfahrung aller Weisen seit Jahrtausenden. Das Wissen mit dem Kopf - jetzt, nachdem Sie das gerade gelesen haben - hilft dabei nicht viel, sich vom Körper zu de- identifizieren. Man kann letztlich nur durch eine Ganzheits-Erfahrung Erleuchtung erfahren und innerlich wissen, wer man ist.
Es geht um ganzheitliches, also nicht- dualistisches Wissen aus unseren Bauch-, Herz- und Geist- Zentren (Intuition). Das geht über den Verstand hinaus.
Wenn man versucht, den eigenen, inneren Kritiker, das Über-Ich (siehe Seite “Bild vom Menschen”) abzuwehren, statt sich ständig selbst Vorwürfe zu machen, kann man sich fragen:
Wer macht hier eigentlich wem Vorwürfe ?
Der wahre Friede
Wahrlich, wir sind und wollen und wollten
stets etwas sein,
immer einer über dem anderen.
Darum aller Streit und alle Mühe: dass man etwas ist,
dass man groß, reich, hoch und mächtig ist.
Ein jeder will stets etwas sein und scheinen.
Aller Jammer kommt allein davon,
dass wir etwas sein wollen.
Das Nichts- sein,
das hätte in allen Lebensweisen,
an allen Orten,
an allen Leuten,
völligen, wahren,
wesentlichen, ewigen Frieden
und es wäre das Seligste,
das Sicherste und das Edelste,
das diese Welt hat,
- aber niemand will daran,
weder reich noch arm,
weder jung noch alt.
Johannes Tauler, 1300 - 1361
Siehe auch den Text “Stille und Ruhe statt Hast und Hetze. Bei sich sein statt außer sich zu sein.” im Anhang auf der Seite “Was kann ich selbst tun?”